Leiris und Restitution

Paris, 27.04.2025  Ein Besuch am Quai Branly lohnt sich immer, auch nur um den Garten zu besuchen, der an einem Sonntagmorgen im Frühling besonders märchenhaft ist. Zwei der derzeitigen Ausstellungen befassen sich allerdings mit dem „schwierigen Erbe“ des Museums, dessen Fundus zu einem Großteil während der Kolonialzeit nach Paris geschafft wurde. Die französische Ethnologie, die 1925 von Marcel Mauss als Wissenschaft gegründet wurde, bestand noch nicht lange, da schickte sie schon, im Jahr 1931, eine große Expedition nach Afrika, die als „Mission Dakar-Djibouti“ unter der Leitung von Marcel Griaule und mit Michel Leiris als ihrem Schreiber berühmt wurde. Zwei von dessen Werken, Phantom Afrika und eine Zusammenstellung all seiner Briefe und der gesamten Schriften zu Afrika in dem Band Miroir…

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Im Zug

  Paris, 25.04.2025 Gerade blüht der Raps Wogendes Grün und Lachen der letzten Tage Hügel oben mit geflecktem Gehölz Dörfer tief im vagen Laub Spitz der Turm Feld Wand Farben von Haut Die Kühe singen gleich auf den Wiesen.    

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Notre Dame again

Paris, 08.12.2024  Notre Dame steht ohne Gerüste gesäubert so dass ihr Stein wieder lebt. Ihre Fassade ist für mich ein Antlitz menschengemacht zu gewandt Natur Kosmos Schönheit. Alles darein setzen es zu bauen war das Mittelalter. Handwerker, Forscher, Wissenschaftler, Spezialisten ihr Werk beeindruckt nun ebenso?* *Schauen Sie dazu die Dokureihe auf arte; bt

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Poetischer Marathon

Paris, 0ß.09.2024  Es war ein denkwürdiges Ereignis bei den Olympischen Spielen von 2024. In einer gastlichen Atmosphäre und mit einem Programm mit klangvollen Namen sind französisch-sprachige und US-amerikanische Dichter und Dichterinnen in einen Boxring gestiegen. Der war am Rand des Platzes vom Châtelet aufgestellt, im Zentrum von Paris, das Ganze fand am Samstag, 7. September statt. Um den Ring waren Reihen von Sitzen angeordnet wie es etwa in der Salle Wagram üblich ist, dahinter gab es sogar Liegestühle für Zuhörerinnen, die dabei in den Himmel schauen wollten. Es fing am Nachmittag an und dauerte bis Mitternacht, auf diese Weise sollte die poetische Flamme von Paris an Los Angeles, dem nächsten Austragungsort der Spiele, weitergegeben werden. Als Pate stellte sich Alain…

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Der Tag danach

Paris, 08.07.2024  Überraschung! Die Wahl ist in ihrem zweiten Durchgang völlig in die andere Richtung gekippt. Stärkste Kraft im neuen französischen Parlament ist die Neue Volksfront, ein gutes Drittel der Sitze geht an die radikale Linke von Mélenchon. Das Lager von Macron (Liberale und Zentristen) ist auf den zweiten Platz gerückt, das rechtsextreme Rassemblement National unter Jordan Bardella und Marine Le Pen ist abgefallen, hat aber immer noch gegenüber der bisherigen Sitzverteilung deutlich hinzugewonnen. 20Uhr, die erste Hochrechnung, Jubel auf der Straße, Hupkonzerte, im Fernsehen glückliche Gesichter bei den ersten Stellungnahmen der Gewinnerinnen, tatsächlich sind viele Frauen in der ersten Reihe der Volksfront, die sich zwischen den Wahlgängen sehr hervorgetan haben. Die Sozialistische Partei feiert in der Bellevilloise, dem Konzertsaal…

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Tag Null

Paris, 07.07.2024  Früh am Morgen ist es still, kein Verkehr, nur wenige Leute auf der Straße, Ältere, Frühaufsteher, die mit zögernden Schritten in verschiedene Richtungen gehen und ich muss weiter rätseln, wo das nächste Wahlbüro ist. Die Pariser hatten bis spät in die Nacht gefeiert. Bei meinem Spaziergang zur Mittagszeit erfuhr ich von einer Passantin, dass dieser Teil der 20. Arrondissements von Paris im ersten Wahlgang schon einen Kandidaten der Sozialisten gewählt hatte,   „wir sind schließlich in Paris“, fügte sie hinzu. Gestern Abend wollte ich wegen der Anspannung den Abend in einer guten Atmosphäre verbringen und fuhr zu dem Festival Polykromy in der Banlieue Sarcelles, wo ein Sufi-Orchester spielen sollte. Dazu musste ich einen Vorortzug RER nehmen, was für mich schon…

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Tag eins

Paris, 06.06.2024  Frankreich hat gestern Abend gewonnen, im Fußball, es war das Viertelfinale der EM, aber hier in der Eckkneipe und im ganzen Quartier haben die jungen Leute gefeiert, als hätten sie den Pokal. Sie haben offenbar etwas Dampf abgelassen in dieser angespannten Zeit vor den drohenden Wahlen, und dieser Ausdruck ist nicht übertrieben. In den letzten Tagen fangen die Medien endlich an, ihrer Aufgabe nachzukommen, nämlich fundierte Artikel und Beiträge im Fernsehen zu bringen, die den Narrativen von Bardella, Le Pen und anderen Köpfen der Rechtsaußen-Parteien in Europa Kontra geben, Punkt für Punkt und mit Belegen. In Le Monde vom 4. Juli waren einige Analysen versammelt, um diese Unwahrheiten und falschen Behauptungen aufzudecken. Eine davon sind die angeblichen Kosten…

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Tag zwei

Paris, 05.07. 2024  Nach meinem Eindruck steigt die Spannung noch weiter. Gleichzeitig beginnt das ultrarechte Rassemblement National (RN) die Fassade zu verlieren. Was wäre, wenn der RN wirklich die Zügel des Landes in die Hand bekäme? Immer mehr Institutionen, Vereinigungen und Verbände warnen vor den Folgen, die dies in ihrem Bereich hätte. Der Finanzsektor ist besorgt wegen der fallenden Kurse, aber hat auch Bedenken um die Gesamtwirtschaft, die Industrie, die Investitionen, die seit dem ersten Wahlgang auf Eis gelegt wurden. Zum Rassemblement National brauchen die Zeitungsartikel nicht mehr in die Geschichte des Lepenismus zurückgehen. Die Partei demaskiert sich selbst mit den radikalen, rassistischen Aussagen seiner Kader und ihrer Nähe zu Russland. Zuletzt wurde sogar ein Mordaufruf bekannt, ausgesprochen auf einer…

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Noch drei Tage

Paris, 04.07.2024  Gestern Abend traf ich auf der Terrasse der Eckkneipe eine Gruppe junger Leute, die gerade von einem Rock-Konzert in dem Club La Bellevilloise kamen, er ist nur ein paar Kabellängen von meiner derzeitigen Unterkunft entfernt. Sie waren fröhlich und in anrührender Weise aufgeschlossen und freundlich mir gegenüber. Noch sehr jung, um die Zwanzig, Studenten und eine Studentin in Grafik-Design, wir sprachen vor allem über ihre Berufswünsche. Im Aufschauen sah ich einen jungen Mann in einem blauen Frankreich-Trikot der Nummer 7, auf das er in Weiß dazugemalt hatte. !ch wähle (am Siebten).   Ich frage mich, wie ich dieses Land unterstützen kann, das ich so liebe. Nur durch meine Anwesenheit genügt sicher nicht. Vielleicht reicht es, wenigstens in diesem…

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Kurz vor dem Siebten

  Paris, 03.07.2024  Ich wohne jetzt in Ménilmontant, dem Viertel von Edith Piaf, ich war bei meinem letzten Aufenthalt zufällig hergekommen, es hat Hügel und Täler, von einfachen Leuten bewohnt, und doch ein Feinschmeckerquartier, wenn man die vielen Feinkostläden mit gestapelten Lebensmitteln und Spezialitäten sieht, wie auch  in Belleville, nebenan, die Leute diskutieren auf der Straße, es gibt viele Cafés, ich kam mit dem Bus, wie ich bei einem Spaziergang herausfinde, ist die nächstgelegene Metrostation Gambetta. Habe mir die Gegend gerade angeschaut und fühle mich wohl. Ich schreibe um den heißen Brei herum, um den wahren Grund meiner Reise nach Paris nicht anzuschneiden. In Deutschland hatte ich schwarze Gedanken wegen der jüngsten politischen Ereignisse in Frankreich, die Auflösung des Parlaments…

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