Halb fünf

Paris, 13. 10. 2022  Immer wieder nett dieses französische Ritual vor den Schulen, um halb fünf am Nachmittag, der Unterricht geht zu Ende und es bilden sich Schlangen vor den Gebäuden mit der Trikolore, wenn Mütter, Großmütter, Großväter oder Väter einträchtig darauf warten, dass die Kleinen herauskommen. Jetzt begegnet man überall Kindern, die an ihrem Goûter knabbern. Wegen der großen Rolle, die sie im Familienleben spielt, ist diese Spezialität nur mit dem englischen Teatime zu vergleichen. Das Goûter besteht meist aus ein paar Keksen, die sich in unzähligen Sorten in den Supermärkten stapeln, häufig speziell zu diesem Zweck verpackt. Auch beim Kinderarzt gelten die Nachmittagskekse oder sonstigen Leckereien übrigens als die vierte Mahlzeit! Da kommt der kleine Junge mit seiner Mutter die Straße herunter und erzählt ihr lachend die Abenteuer eines ganzen Tages oder eine Gruppe Mädchen, sie sind schon etwas größer, ist kichernd zum Spielplatz des Viertels unterwegs, gefolgt von einer etwas überfordert wirkenden Großmama. In Paris sind alle Zebrastreifen in der Nähe einer Schule mit Hilfspolizisten in gelben Westen gesichert, die für den gefahrlosen Überweg der Kinder mit einer Kelle den Verkehr anhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt fehlen Kinder und Jugendliche völlig im Straßenbild. Aber jetzt trifft man sie überall, auf der Straße, in den Läden, in den Bussen und in der Metro, froh, wieder in Freiheit zu sein, in einer von Leben erfüllten Stadt.

Beate Thill

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